Pascal Strässle
17. Januar 2024

Nachfolgeplanung – meist zu spät und selten zu früh

L E S E D A U E R :  4  M I N U T E N

Die aktuellsten Studien zeigen auf, dass rund 90'000 Schweizer KMU in den nächsten Jahren von einer Nachfolge betroffen sein werden. Da solche Prozesse selten in ein bis zwei Jahren erfolgreich umgesetzt werden können, müssten diese betroffenen KMU bereits heute damit begonnen haben. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Dabei ist es für die Schweizer Wirtschaft mit ihrer ausgeprägten KMU-Landschaft von zentraler Bedeutung, dass dieser Generationenwechsel in den nächsten 10 Jahren erfolgreich umgesetzt wird, da auch sehr viele Arbeitsplätze nebst den Steuereinnahmen und der Wirtschaftsleistung davon abhängen.


Wenn triff dies am meisten?
Gemäss Studien sind die Kleinsten und Mittleren Unternehmen mit 1 bis 49 Mitarbeitern prozentual am stärksten von anstehenden und noch offenen Nachfolgeregelungen betroffen. Bei diesen Unternehmen ist die emotionale Hürde am höchsten. Auch fehlende Zeit durch die hohe operative Belastung des Inhabers sowie das fehlende interne Know How für diesen Nachfolgeprozess sind wahrscheinlich die häufigsten Gründe, dass Nachfolgelösungen viel zu spät angegangen werden und nicht erfolgreich umgesetzt werden können.
Dabei ist erwiesen, dass ein erfolgreicher Nachfolgeprozess in den meisten Fällen 5 Jahre und mehr in Anspruch nimmt.

Firma "nachfolgefähig" machen
Viele KMU-Firmen in der Schweiz wurden in den letzten Jahrzenten zu schwer, was die Finanzierung der Eigentumsnachfolge stark erschwert oder gar verunmöglicht. Dies kann dadurch entstanden sein, dass die Inhaber über Jahrzehnte viel zu tiefe Gehälter und/oder Dividenden bezogen haben und sich hohe thesaurierte Gewinne im Eigenkapital angehäuft haben, die so nicht betriebsnotwendig sind. Ein weiterer Grund sind die Betriebsliegenschaften oder sogar betriebsfremde Liegenschaften in der Firma, die stark im Wert gewachsen sind. Der Gesamtwert für Betrieb, Liegenschaften und nicht betriebsnotwendiges Eigenkapital ist dann so hoch, dass er für Nachfolger nicht finanzierbar ist.
Um die Firma leichter und finanzierbar zumachen, muss viele Jahre voraus mit der Planung und Umsetzung gestartet werden. Dies kann dann eine Abspaltung von Liegenschaften und Betrieb beinhalten und auch Substanzdividenden über mehrere Jahre.

Nachlassplanung darf nicht vergessen werden
Eine Nachfolgeplanung für die eigene Firma setzt bei einer ganz oder teilweise familieninternen Nachfolge (Family-Buy-out)auch eine gleichzeitige Nachlassplanung bezüglich erbberechtigte Ehepartner/-in und Kinder voraus, sofern solche vorhanden sind. In vielen familieninternen Nachfolgelösungen wird ein Teil des Kaufpreises erlassen und/oder mit Verkäuferdarlehen finanziert. Dies muss nebst dem Kaufpreis zwingend mit den übrigen erbberechtigen Personen im Rahmen des Erbrechtes besprochen und mittels Erbvertrag geregelt werden. Dieser Teilprozess nimmt meist sehr viel Zeit in Anspruch.

Führungs- und Eigentumsnachfolge
Die Nachfolgelösung setzt zwei Hauptprozesse voraus, die durchlaufen werden müssen. Dies sind die Führungs- und die Eigentumsnachfolge. Diese beiden Prozesse können parallel ablaufen, jedoch ist die Führungsnachfolge viel anspruchsvoller, zeitintensiver und wichtiger für eine erfolgreiche Nachfolgelösung und sollte immer vorab und nie danach gestartet werden.
Die Führungsnachfolge bei familieninternen Nachfolgen (Family-Buy-Out), Verkauf an Management (Management-Buy-Out und/oderManagement-Buy-In) oder gar einer Kombination dieser Varianten, setzt bei der abgebenden Generation voraus, dass sie die Nachfolger step by step in die Führung mit Verantwortung und Kompetenzen einführt und selber Schritt um Schritt loslassen aber auch deren Entscheide akzeptieren kann.
Bei der Eigentumsnachfolge resp. dem Verkauf der Firmenanteile geht es vorwiegend um Bewertungen, Kaufpreis, Steuern, und Kaufpreisfinanzierung. Die Verkaufstransaktion am Schluss dieses Teilprozesses könnte daher in Einzelfällen auch Jahre nach der erfolgreichen Führungsnachfolge abgeschlossen werden. Sie soll jedoch nie vor der Führungsnachfolge umgesetzt werden.

FAZIT
Viele Unternehmer/-innen gerade bei Kleinstunternehmen sind sich nicht bewusst, wie viele Teilschritte für eine erfolgreiche Nachfolgelösung notwendig sind, die hier noch nicht mal abschliessend aufgeführt sind. Und noch weniger ist ihnen daher bewusst, dass diese Prozesse und Entscheide in den meisten Fällen nicht innert einem Jahr sondern nur über viele Jahre hinweg umgesetzt werden können.
Da man einen solchen Prozess meist nur einmal in seinem Leben durchlaufen muss, ist es selbstredend, dass einem KMU-Inhaber das Know how und die Erfahrung dazu fehlt. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig einen erfahrenen Nachfolgeberater beizuziehen, der einem durch diese Prozesse führt und begleitet.